Er gehört zu den Granden deutscher Urban Art: Der Hamburger mittenimwald hat mit seinen so ästhetisch ausgereiften wie pointierten Stencils weit über die Landesgrenzen hinaus Geschichte geschrieben – und so lassen sich seine künstlerischen Fußabdrücke bis nach Mexiko und Asien verfolgen.
Schönheit & Ambivalenz
Im Zentrum seiner Arbeiten steht die Frau. Wobei mittenimwald unübertroffen darin ist, seiner Darstellung des „Frauseins“ alle Aspekte, Facetten und Charakteristika von weiblicher Entität abzuringen. Schön, selbstbestimmt, smart und souverän muten seine Heroinen an. Aber genauso wohnt ihnen das Rebellische, Provokante und Wehrhafte inne, das sie zu selbstbewußten Amazonen stilisiert. In „Young, Poor & Angry“ geht es um Dualität und Ambivalenz, um das Spiel mit Klischees und den gezielten Bruch mit ebendiesen. Und so schmückt mittenimwald seine sinnlichen Frauenfiguren auch gerne mal mit Militaria und Punk-Devotionalien, um die weiblichen Stereotypen der Unschuld, der moralischen Überlegenheit und der inneren wie äußeren Makellosigkeit gezielt zu unterlaufen. „Das Schöne muss auch immer das Tiefgründige implizieren, es muss sich in Vergleich zu etwas ästhetisch Minderem setzen, um überhaupt als schön wahrgenommen zu werden.“, sagt mittenimwald. Dieser Ansatz manifestiert sich nicht nur in der vordergründigen Motivik, sondern auch in den komplexen Hintergründen, die mal in verwaschenen Zeitungscollagen, mal in wie zufällig arrangierten Drippings gipfeln, die mittenimwalds Protagonistinnen in immer wieder neue Kontexte setzen – und somit stets neue Geschichten erzählen. Verstärkt wird das durch Typografien, die wahlweise verheißungsvoll, sardonisch oder offen sozialkritisch sind – und mittenimwalds Heldinnen zu reflektierten Mediatorinnen respektive zu Kritikerinnen am Zeitgeist adeln.
Hommage an die Frauen
Dem Faszinosum Frau huldigt mittenimwald auch mit allen materiellen Finessen. Seine Detailtreue ist legendär: Jedes Haar, jede Wimper, jeder Faltenwurf eines Kleidungsstücks ist filigran herausgearbeitet und besticht durch Lebendigkeit und Authenzität. Die Schablonen für seine Stencils sind das Produkt von genialer Beobachtungsgabe, substanzieller Verdichtung und handwerklicher Akkuratesse. Nicht umsonst genießt der Hamburger den Ruf als einer der besten Schablonenfertiger der Urban Art-Szene.
„Young, Poor & Angry“ ist zugleich Hommage und angemessene Entzauberung des so genannten „schönen Geschlechts“. Stilistisch überhöht und für ihre weiblichen Attribute gefeiert, wird Frau parallel von falschen Idealisierungen befreit und im besten Sinne vermenschlicht. Und findet in diesem künstlerischen Gestus ihre Bestimmung als ikonisches Subjekt.
mittenimwald lebt und arbeitet in Hamburg. Er gehört zum „Street Art-Adel“ der Hansestadt, wofür auch seine Zusammenarbeit mit dem legendären Oz steht. Seine Stencils, Paste-ups und Tags sind fester Bestandteil vieler deutscher Stadtbilder, allen voran natürlich seiner Heimat Hamburg, sowie auch zahlreicher privater Sammlungen in Europa, Asien und Mexiko.
Die Laudatio auf mittenimwald hält der Kriminalbiologe Dr. Mark Benecke.
Vernissage: 5. Dezember 2017, 19:30 Uhr
Ausstellung: 5.12. - 30.12.2017
Öffnungszeiten: Di-Fr 15-19 Uhr, Sa 12-17 Uhr
Die Ausstellung befindet sich in unseren Galerieräumen im Belgischen Viertel!