Neue Sehwelten: Friederike Vahlbruch führt die Realität ad absurdum. Und erfindet sie einfach neu.
Friederike Vahlbruch trickst unsere Sehgewohnheiten gekonnt aus, indem sie Perspektiven, Bildwinkel und Ebenen verschiebt, Motive auf den Kopf stellt oder komplett ins Leere laufen lässt. Und uns damit zeigt, dass Sehen immer ein Postulat von Wirklichkeit ist, basierend auf Gewohnheiten und Konditionierungen.
In den Bildwelten der Kölner Künstlerin geht es um den Entwurf alternativer Wirklichkeiten, die um das Erspüren und Erkennen hinter dem reinen Sehen kreisen. Das „Gelernte“ soll zugunsten einer neuen visuellen Erfahrung zurückstehen und ein abweichendes System von Wahrnehmung implementieren. Womit die Meisterschülerin der Kunstakademie Düsseldorf kognitive Muster gezielt unterläuft.
Labyrinthische Straßenverläufe, schiefe, absurd überhöhte Bürotürme, aus dem Bild kippende Landschaften: Friederike Vahlbruch clasht und abstrahiert reale Phänomene und ist damit „abstrakt, ohne abstrakt zu sein“. Ihr Bruch mit räumlichen Dimensionen, ihr Spiel mit illusorischen Effekten erinnert an die Werke von M.C. Escher und Sam Szafran; doch zu den größten Inspirationsquellen zählt die Kölnerin die Manieristen des 16. Jahrhunderts. Das mag zunächst überraschen, tatsächlich aber zitiert die Kölnerin mit ihren dramatischen Effekten, bewussten Verdrehungen und rätselhaften Allegorien die Kernelemente dieser Stilepoche – und überführt deren Charakteristika in den urbanen Raum des 21. Jahrhunderts.
Trotz der lichten Farben und einer insgesamt schwebenden Aura haftet Friederike Vahlbruchs Bildern etwas Spannungsgeladenes, latent Beunruhigendes an. Mit ihren optischen Zäsuren fordern sie den Betrachter demnach nicht nur kognitiv, sondern auch emotional heraus. Und drängen ihn gleichsam, die Umbrüche, die sich in den Motiven und Sujets offenbaren, zu deuten, zu erkennen und zu verarbeiten.
Friederike Vahlbruchs Anspruch „intelligente Abbilder“ von Realität zu schaffen, spiegelt sich folglich im Diskurs mit dem Betrachter. Statt mimetischer Gefälligkeit erwarten ihn Irritation und die Destruktion vormals gekannter Wirklichkeiten. An deren Ende jedoch im besten Fall neue Sichtweisen und neue Welten entstehen. Womit Friederike Vahlbruchs Werke in diesen Zeiten des Umbruchs etwas nahezu Prophetisches haben.
Friederike Vahlbruch lebt und arbeitet in Köln. Die Meisterschülerin der Kunstakademie Düsseldorf unter Prof. Rissa gehört seit 2019 dem Künstlersonderbund an und ist regelmäßig in renommierten Kunstvereinen und Messen wie der Art Karlsruhe vertreten. Ihre Werke wurden bereits im Museum Wilhelm Morgner und der Museumsabtei Brauweiler gezeigt und finden sich in zahlreichen Privatsammlungen sowie im Landtag NRW und in der Städtischen Kunstsammlung Lippstadt.